Ich breche jetzt mal das Eis und spreche hier ein Thema an, nach dem mich schon viele gefragt haben. Wie kann man Militär und Homosexualität vereinen, bzw., kann man im Militär überhaupt homosexuell sein?

Ich selbst bin bekennender Homosexueller und seit ungefähr 5 Jahren auch so ziemlich überall geouted. Egal ob Familie, Freunde, Arbeit, Social Media, ich habe keinen Grund mich zu verstecken. Wieso sollte das im Militär anders sein?

Ich weiss, viele verbinden mit dem Militär verstärkt „Männlichkeit“, also anders ausgedrückt viele schwanzgesteuerte heterosexuelle Männer, die mit einer Frauengeschichte nach der anderen aufwarten. Da passen also homosexuelle Personen gar nicht rein. Falsch gedacht.

Ich habe mich mit meinem Outing bei jeder Kompanie wieder anders verhalten. In meiner ersten Kompanie habe ich mich nach ca. 4 Wochen geouted. In der zweiten Kompanie gar nie und in der jetzigen habe ich das „Geheimnis“ bereits nach wenigen Tagen gelüftet.

Durch mein Outing ermögliche ich mir, dass ich mich nicht verstecken muss. Ich muss nicht irgendwelche Geschichten erfinden, damit ich als ein Frauenheld dastehe. Ich muss nicht irgendwelche Bilder von nackten Frauen aus irgendwelchen Pornoheftchen ansehen und mit „Sehr geil!“ bejahend ansabbern. Ich muss mich nicht wie ein Geier auf das nächst beste Pornofilmchen stürzen, indem Frauen wie der Kelch mit Wein beim letzten Abendmahl herumgereicht werden, dass die Kameraden per WhatsApp weiterverbreiten.

Ich kann sie getrost ignorieren und stehe nicht als Freak dar, der aus irgendeinem Grund keine nackten Frauen ansehen will. Viele Männer akzeptieren es, wenn es Homosexuelle in ihrer Kompanie oder gar in ihrem Zimmer gibt. Dennoch gibt es unterschiede, wie sie damit umgehen.

Es gibt die offenen, die es akzeptieren und keinerlei Probleme damit haben. Die sind mir verständlicher Weise die liebsten und einfachsten. Weiter gibt es die fragenden, die gerne mehr über Homosexualität wissen würden, da sie selbst keinerlei Erfahrung mit homosexuellen Personen haben, weil in ihrem Umfeld keine Homosexuellen (oder jedenfalls keine geouteten) vorhanden sind. Das sind auch diejenigen, die es zwar akzeptieren, aber nicht in ihren Kopf kriegen, dass man ausser Frauen auch Männer attraktiv finden kann. Die tolerierenden sind eher ruhig. Sie akzeptieren die Tatsache der Homosexualität, möchten aber weder in einem Gespräch noch in sonst einer Form darauf aufmerksam gemacht werden. Bis jetzt habe ich aber noch niemanden erlebt, der mir ins Gesicht sagte, dass er mit meiner Homosexualität ein Problem hat. Das ist doch etwas, das mich sehr überrascht hat.

Interessant ist die Tatsache, dass niemand ein Problem hat mit mehreren Männern zusammen zu duschen, bis man erfährt, dass einer davon homosexuell ist. Auch wenn die Typen optisch vielleicht nicht mal ansprechend sind, sind mehr die Heterosexuellen verwirrt oder besser gesagt verängstigt, weil sie mit der Vorstellung duschen, dass einer der neben ihnen steht von Schwänzen und nicht von Vaginas träumt. Das verändert ihre Sicht auf den Menschen deutlich. Auch wenn man vielleicht nur gerne duschen würde und die Körper der anderen getrost ignorieren will.

Solange aber beide Gegenüber Kleidung tragen, hat meistens niemand ein Problem damit wenn eine Person sich als homosexuell outed. Zudem die Dunkelziffer, wie viele Männer tatsächlich homo- oder bisexuell sind, deutlich höher sein dürfte. Der Mut sich zu outen ist aber bei vielen nicht da, oder man hält es schlicht nicht für notwendig.

Ich will nicht sagen dass sich jeder outen muss. Aber wenn jemand vor hat sich zu outen und meine Erfahrungen ihm dabei helfen, dann gibt mir das noch ein besseres Gefühl.

So, jetzt habt ihr einiges an Gedanken von mir gelesen. Ich würde mich über Feedback von euch sehr freuen, speziell zu diesem Thema. Fühlt euch frei, mir eure Meinung kund zu tun.

---

Also, man liest sich.

Jupiter